Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben (German Edition) by Boo Katherine

Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben (German Edition) by Boo Katherine

Autor:Boo, Katherine [Boo, Katherine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426416150
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-09-30T22:00:00+00:00


Die Polizei hatte Abdul bei den Ermittlungen als Erwachsenen behandelt, denn er sah erwachsen aus, und Zehrunisa besaß keine Geburtsurkunde. Infolgedessen sollte er die U-Haft in der Arthur Road absitzen, wie sein Vater.

Zehrunisa wusste selbst nicht, wie alt Abdul war. Vor dem Brand hatte sie immer siebzehn gesagt, wenn jemand fragte, aber er hätte ebenso gut schon siebenundzwanzig sein können. Man verliert leicht den Überblick über das Alter seiner Kinder, wenn man täglich darum kämpft, dass sie nicht verhungern, und das musste Zehrunisa, als ihre Kinder klein waren, wie viele andere Mütter in Annawadi auch, deren Kinder inzwischen Teenager waren.

Asha hatte einfach Geburtsdaten für ihre Kinder erfunden und unterstrich deren Gültigkeit seitdem mit Partys und Kuchen. Manju hatte im Januar ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert, und zwar zum zweiten Mal – einer von Ashas kleinen Tricks, den Brautpreis ihrer Tochter hoch zu halten. Um Geburtstagspartys hatte Abdul nie gebeten. Er wollte einfach ein Geburtsdatum, vor allem das Jahr. Seine Mutter konnte ihm nur sagen, was sie selbst noch wusste:

»Vor deiner Geburt hatte Saddam Hussein irgendwo ganz viele Menschen umgebracht. Ein Jahr vorher vielleicht, oder zwei, ich weiß nicht. Ach ja, und du hast mich richtig zusammengetreten, als du in mir drin warst, schlimmer als alle deine Geschwister danach, und ich hab so oft geschrien deswegen, dass die Leute gesagt haben, ich hätte ’n zweiten Saddam im Bauch. Aber du warst so winzig, als du rausgekommen bist, wie ein Rattenjunges, jedenfalls kein Saddam. Wir haben trotzdem extra einen friedlichen Namen für dich genommen, aus Angst, dass das vielleicht stimmte, was die Leute sagten. Abdul Hakim, das ist einer, der andere allein durch sein Verständnis heilen kann. Ich war so froh, als du ’n bisschen älter warst und so gar nichts von Saddam hattest.«

Hätte Abdul etwas mehr von Saddam, wäre ihr die Vorstellung, dass er jetzt mit Auftragsmördern, Pädophilen und Mafiabossen in diesem Zentralgefängnis sitzen sollte, etwas weniger zuwider. Aber so fürchtete sie, dass er in der Arthur Road schikaniert, womöglich sogar vergewaltigt würde, bloß weil sie einen Streit vom Zaun gebrochen hatte. Ihr fiel nur eine Möglichkeit ein, das zu verhindern: Sie musste jemanden bezahlen, der eine brauchbare Geburtsurkunde fabrizieren konnte, mit der Abdul unters Jugendstrafrecht fiel.

Sie ging über den Maidan zur Hütte des Puffbesitzers. Der hatte schon alle möglichen Verfahren gehabt, wegen Drogenhandel, Zuhälterei, Raub und sonst was, aber nur zweimal im Gefängnis gesessen. Der müsste doch eigentlich wissen, wen man jetzt am besten bestach.

Der Puffbesitzer gab sofort zu, dass so etwas zu seinen Kompetenzen zählte, und hätte im Tausch gegen eine gewisse finanzielle Anerkennung auch nur zu gern geholfen. Aber leider gehörten Geburtsurkunden nicht in sein Repertoire.

Wer könnte sonst noch wissen, wen man für so eine Urkunde bestechen musste und wie? Natürlich: die Polizei von Sahar. Erst jetzt fiel ihr auf, dass einer der Constables dort schon seit Tagen Andeutungen fallenließ.

Auf seinen Rat hin machte sie sich auf zur Marol-Gemeindeschule, auf diesem Umweg floss ihr Geld in des Constables Taschen. Und Zehrunisa konnte mit dem Gewünschten nach Hause gehen: einem



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